Saatgut als Gemeingut?

BILD: flickr/Southernpixel - Alby Headrick - CC BY-NC-ND 2.0

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Wasser und Luft sind in Österreich noch öffentlich zugänglich – wie selbstbestimmt ist aber der Zugang zu unserer Nahrung? Das diesjährige Elevate Festival, das von 23. bis 27. Oktober in Graz stattfindet, beschäftigt sich mit der Frage „Elevate Open Everything?“ und bezieht sich dabei auch auf die aktuelle Debatte um die EU-Saatgutverordnung.

Neben Musik und Kunst, wird in Form von Diskussionen und Workshops auf mehrere Aspekte der “Openness-Bewegung“ eingegangen. Open Media und Open Spectrum plädieren für die weltweite real-time Verbreitung von Informationen, unabhängig der etablierten Massenmedien. Open Street Map hat sich zum Ziel gesetzt, eine freie Weltkarte zu erarbeiten. Open Science steht für den öffentlichen Zugang zu Forschungsprozessen und -ergebnissen, um wissenschaftliche und technologische Innovation voranzutreiben. Open Government Data soll eine umfassende Kontrolle der Regierungen durch BürgerInnen ermöglichen und Open Democracy arbeitet an Möglichkeiten der unmittelbaren Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen. Wichtig kann das auch für die Landwirtschaft werden – der öffentliche, freie Zugang von Saatgut als Allgemeingut könnte durch Creative Common-Lizenzen möglich gemacht werden.

Peak Everything oder die Ernährung der Menschheit

Der selbstbestimmte Zugang zu Saatgut von Getreide, Gemüse und Obst gilt als Grundlage unserer Ernährung und somit als zentraler Wegweiser für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Derzeit liegt die weltweite Macht über das Saatgut bei den Großkonzernen (allen voran Monsanto, DuPont (Pioneer) und Syngenta), die 74% des Saatgutmarktes kontrollieren. Die Konzerne arbeiten mit Gentechnik, Hybriden und Patenten und können so enormen Einfluss auf die Welternährungspolitik ausüben. Entgegen der Interessen dieser großen Firmen, die auf Konzentrationen und Zusammenschließung zur Bündelung ihrer Macht setzen, steht die Kulturpflanzenvielfalt. Um das Monopol der großen Konzerne und ihren politischen Einfluss gering zu halten, ist das Ziel eines selbstbestimmten Zugangs zu unserer Nahrung, eine große Vielfalt samenfester Kulturpflanzensorten zu generieren. Durch eine hohe genetische Variabilität (im Gegensatz zu Hybridsorten) trotzen sie Klimawandel und Peak Everything, dem Knappwerden aller Ressourcen. Das samenfeste Saatgut könnte von Bauern und Bäuerinnen in Kooperation mit kleinstrukturierten Saatgutfirmen und Forschungseinrichtungen an die sich verändernden Umweltbedingungen anpasst werden. Derzeit sind solche samenfesten Bio-Sorten kaum in Verwendung, da es auch Biobauern und Biobäuerinnen an nicht-hybriden Sorten mangelt und die Abhängigkeit von den großen Konzernen wächst.

Diskutierte Diversität

Am Montag, 30. September starteten die Verhandlungen des Agrarausschusses im EU-Parlament  über die EU-Saatgutverordnung, Mitte April 2014 soll abgestimmt werden. Der derzeitige Vorschlag der EU-Kommission wird aufgrund des aufwendigen Registrierungsverfahrens für seltene, regionale und alte Sorten vor allem von Umweltorganisationen wie GLOBAL 2000 und dem Verein ARCHE NOAH kritisiert; „Die neuen Regelungen sind ganz klar auf die Bedürfnisse der Agrarindustrie zugeschnitten. Alte und seltene Sorten sind durch den derzeitigen Vorschlag massiv in Gefahr. Die Kartoffel Sieglinde oder die Ochsenherz-Paradeiser könnten für immer von den Feldern verschwinden“, wie es Heidemarie Porstner, Agrarsprecherin von GLOBAL 2000, erklärt. Die Petition „Freiheit für die Vielfalt“ wurde bereits von über einer Viertelmillion Menschen unterstützt und kann als wachsender Widerstand gegen die EU-weite Verordnung zu Gunsten einer industrialisierten Landwirtschaft und für ein zivilgesellschaftliches Starkmachen für Sortendiversität gedeutet werden.

 

 

Freies Saatgut für alle
Samstag, 26. Oktober
12:00-14:00
Forum Stadtpark, Graz
Diskussion mit Ulli Klein, Gregor Kaiser und Iga Niznik

http://2013.elevate.at/e13saatgut

 

Open Source für Saatgut?
Sonntag, 27. Oktober
10:00-12:00 Uhr
Forum Stadtpark, Graz
Vertiefender Workshop mit Gregor Kaiser

http://2013.elevate.at/e13saatgut2/

 

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