Socialbar: Tu Gutes und tweete darüber

Die Socialbar-Bewegung verlinkt Nachhaltigkeit und Soziales Unternehmertum mit der Web- und Design-Szene in immer mehr Städten. Ein Erfolgsmodell?

Viele Menschen tun Gutes, und vielleicht noch mehr reden darüber – doch entsteht oft das Gefühl, dass nicht wirklich zugehört und weiter darüber gesprochen wird. Liegt es daran, dass schon zuviel geredet wird? Und reden wirklich die richtigen Leute an richtiger Stelle? Oder sind wir müde vom zuhören? Fehlen die richtigen Zuhörer? Oder gar ein Ort an dem man frei sprechen kann? Mit der “Social Media”-Revolution hat sich die Möglichkeit für “Weltverbesserer”, ihre Botschaft zu verbreiten, deutlich verändert. Die digitalen Kanäle (twitter, facebook & Co) sind zwar kostenfrei und erreichen ein breites Publikum, doch leicht gehen die “guten Nachrichten” im allgemeinen Rauschen des WorldWideWebs unter.Dies lässt sich ändern, jedoch liegt die Herausforderungen auf zwei Seiten.

Zum einen verstehen Verbände und Non-Profit-Organisationen oftmals nicht die neue Kultur der Medien, die auf Transparenz, Dialog auf Augenhöhe und dem Teilen von Wissen beruht. Die neuen Medien verunsichern und fordern heraus. Gleichzeitig fehlen oftmals, Geld, Zeit und Personal, sich ihnen ganzheitlich zu widmen. Zum anderen gibt es die Web- und Social-Media-Experten, die gerne “Gutes” tun wollen, ihnen aber häufig der Zugang zu und das Verständnis für soziale und ökologische Projekte fehlt. Wer ist wirklich gut und wer wirklich innovativ?

Worum geht es?

Dies zu ändern, ist das Ziel der Socialbar-Bewegung, die aus der Idee, eine Plattform für Weltverbesserer zu formen, 2008 in Berlin gewachsen ist. Anders als bei bisher bekannten Netzwerktreffen ging es darum, aus der Nische heraus in eine breite Öffentlichkeit zu gelangen. Dies erkannten die beiden Gründer Sophie Scholz und Robert Dürhager und schlugen mit Socialbar eine Brücke zwischen engagierten Akteuren und Social Media Experten. Durch regelmäßige Treffen wurde fortan das Motto „online vernetzen – offline bewegen“ aktiv umgesetzt. Dabei lag und liegt der Fokus vor allem darauf zu beleuchten, welche Rolle Social Media für nachhaltige und nicht-kommerzielle Projekte spielt. In engagierter Runde treffen sich seither regelmäßig in mehr als 23 Städten (in Deutschland, Österreich und der Schweiz) Web-Aktivisten, Social Entrepreneurs, NGOs, ehrenamtliche Helfer, Politiker und Unternehmen mit sozialer Verantwortung, um Ideen sowie Erfahrungen auszutauschen, Synergien und Kooperationen zu schaffen, neue Kontakte zu knüpfen und vorallem um gemeinsam etwas zu bewegen.

Alle Treffen sind frei, offen, kostenlos. Sprich, jeder der gerne zuhören und mitsprechen möchte, kommt als Gast vorbei, oder partizipiert nach Absprache als Sprecher auf der Bühne mit seinem Thema. Hat es die Socialbar noch nicht in die eigen (Wahl)heimatstadt geschafft, so kann man sie sich holen, indem man selber eine Socialbar gründet. Wie eine Art Franchise funktioniert die Gründung einer neuen Socialbar, mit einfachen aber deutlichen Regeln, welche die Qualität und Nicht-Kommerzialität betonen. Mit Hilfe eines offenen Wikis kann man sich Schritt für Schritt durch die Gründung hangeln, bekommt einen bereits etablierten und bekannten Namen, und kann sich mit den Organisatoren in anderen Städten austauschen.

Für das erste Event braucht man dann noch eine Location – am Besten mit “Flair”, wie ein gemütliches Café oder eine nette Lounge. Sprecher findet man vor Ort – oder auch über die guten Kontakte des Socialbar-Netzwerkes in die Online-Szene. Die Kommunikation läuft über Facebook und Twitter und natürlich über persönliche Einladungen und Ansprache.

Beispiel gefällig?

Etwa genau so haben die 5 Gründer der Socialbar Köln das Format in die Domstadt importiert. In Köln, als Medienstadt mit einer ausgeprägten, alternativen Szene und einer hohen Bereitschaft für ehrenamtliches Engagement, waren die Voraussetzungen für eine Socialbar quasi ideal. Die Socialbar Köln soll auch die verschiedenen Gruppierungen zusammenbringen – über die Grenzen der jeweiligen “Web” oder “Nachhaltigkeits”-Szenen hinweg. Daher setzt das Team in Köln seinen individuellen Fokus darauf, sich thematisch vertieft mit sozialen Bewegungen und der Entwicklung von packenden Geschichten über Mediengrenzen (on- und offline) hinweg auseinander zusetzen.

Fulminant gestartet mit tollen Sprechern, einer super Location und über 100 Gästen, ist die Socialbar in der Domstadt gut angekommen. Am 23. September 2011 gab es das erste Treffen  im betahaus Café unter dem Motto „Marken & Geschichten”. Sprecher wie Alte Liebe, Neuland und Christoph Harrach von KarmaKonsum stellten ihre Projekte und die individuelle Geschichte dahinter vor. Ob strickende Omis, gärtnernde Städter oder YogaMob auf dem Börsenplatz in Frankfurt – das Publikum lauschte gespannt von der ersten bis zur letzte Minute.

Nach dem Auftakt im September, geht es am 25. November 2011 mit der 2. Socialbar Köln unter dem Motto „Da simmer dabei – Politische Partizipation in digitalen Netzen“ im Betahaus Köln weiter. Verkrustete Parteien, ein Staat in den Klauen mächtiger Unternehmer und anderer Interessensgruppen, die anonymen Finanzmärkte als die wahren Herrscher. Das goldene Zeitalter der Demokratie scheint hinter uns zu liegen. Oder beginnt es gerade erst? Digitale Netzwerke geben Menschen neue Einflussmöglichkeiten in der Politik: Die „Twitter-Revolutionen“ in der arabischen Welt  haben dabei geholfen Diktatoren zu stürzen, Wikileaks globale Skandale ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Doch auch im kleinen, alltäglichen bei uns bieten Online-Tools neue und spannende Möglichkeiten für Bürger, sich in den politischen Prozess einzubringen und Entscheidungen zu beeinflussen.

Die 2. Socialbar Köln wirft daher unter dem Motto „Da simmer dabei – Politische Partizipation in Digitalen Netzen“ ein Schlaglicht auf das Thema und fragt wie wir in der Domstadt nächste Schritte zu einer wirklich wirksamen (digitalen) Partizipation gehen können. Sprecher wie Christian Weyand, Soziologe der Cologne Graduate School, geht in die Tiefe und beschreibt aus wissenschaftlicher Sicht wie das Internet das Verhalten unserer Politiker verändern wird. Thor Zimmermann hingegen statuiert ein praktisches Exempel und wird zur digitalen Partizipation in der Stadt Köln und seinen Erfahrungen bei „Deine Freunde“ berichten. Neben weiteren Sprechern wird es wie beim letzten Mal ein schönes Extra geben: So werden in einer kleinen Ausstellung Infografiken gezeigt, die komplexe, politische Inhalte einfach und eingehen visualisieren. Auch die Bürgerinitiative Heliosgelände, die sich für eine sinnvolle Gestaltung des Geländes (und gegen ein Einkaufszentrum) einsetzt wird mit einem Stand vorhanden sein.

Und nun?

Gutes tun kann jeder. Darüber sprechen auch. Beides zusammen verspricht Erfolg. Und wenn dann noch jemand zuhört und darüber spricht, dann hat man etwas noch Besseres geschafft. Also, besuch die nächste Socialbar in deiner Stadt, und wenn es bei Dir noch keine eigene Socialbar gibt, gründe eine!

Kontakt zu Socialbar

Ansprechpartner für die Gründung von neuen Socialbars sind Robert Dürhager (robert.duerhagersocialbar.de) und  Sophie Scholz (sophie.scholz@socialbar.de).

Die Ansprechpartner für die Socialbar Köln finden sich auf www.socialbar.de/wiki/Koeln. Die Autoren des Artikels sind auch mit dabei.

TEXT Daniela Klütsch und Martin Herrndorf

VERWANDTE ARTIKEL