Essen ist mir was wert

Für Essen haben wir noch nie so wenig ausgegeben wie heute. Dabei wäre mehr Geld für Essen nicht nur qualitätsverbessernd – sondern auch fair!

Eben auf der BIORAMA Fair Fair ist mir wieder aufgefallen, wie unterschiedlich der Begriff »fair« im Konsumbereich verwendet, aber auch verstanden wird. Ein Gros der Menschen denkt sofort an Fairtrade, ein Begriff, der ausschließlich für den Handel mit gewissen Entwicklungsregionen der Erde geschützt ist. Fairness im Handel geht uns aber auch in den florierenden Wirtschaftsstaaten immer mehr ab. Der Konsument wird gerade im Lebensmittelbereich zum »billiger« gedrillt, beim Kaufverhalten dominiert der Preis vor der Qualität. Diese bleibt damit auf der Strecke, genauso wie die handwerkliche, bäuerliche Produktion.

Wie kann es sein, dass ein Bund Radieschen beim Discounter, sogar in ausgewiesener Bioqualität, nur 39 Cent kostet? Ich pflanze dieses Gemüse in meinem Selbsterntegarten an und weiß, wie viel Platz und Arbeit jede einzelne Knolle macht! 39 Cent? Niemals. Oder fragen sie einmal einen heimischen Landwirt, wie viel Geld er für einen Liter Milch noch erhält. Und wie viel er und seine Familie dafür arbeiten müssen?

Preisdiktat Markt

Frauke Weissang ist gebürtige Deutsche. Seit 30 Jahren lebt sie in der italienischen Marche als Bioproduzentin von Getreide und Hülsenfrüchten. Für die Bio-Kooperative Terrabio reist sie durch Europa und vermarktet die gleichnamigen Teigwarenprodukte. Auf der Terrasse ihres Agriturismo nahe Urbino erzählt sie mir von Verhandlungen in Deutschland, wo Einkäufer den Preis diktieren: »Der Kunde zahlt nicht mehr als X für so ein Produkt!«, versucht man sie unter Druck zu setzen. »Wenn Sie mir die Nudeln für Y verkaufen, dann sind sie bei dem Discounter gelistet und setzen Unmengen um!« Frauke ist darauf nicht eingegangen. Ihre Kollegen und Bauern werden fair bezahlt. Über 90 Prozent der Arbeiter von Terrabio sind ganzjährig angestellt, alle aus der Region. In der Landwirtschaft ist das leider eher die Ausnahme denn die Regel. Aber der Konsument muss auch bereit sein, dafür zu zahlen. So vertreibt Terrabio seine Produkte vor allem über die klassische Bioschiene. Durch den Partner Naturland Fair sind Terrabio Teigwaren aus der Marche auch das weltweit erste fair-zeritifizierte Pasta-Sortiment. Das Label steht hier für ökologisch, sozial und fair produzierte Lebensmittel.

Eine der größten Aufgaben der nächsten Jahre wird es sicherlich sein, dem Konsumenten wieder die Wertigkeit von Lebensmittel zu vermitteln, vor allem in Relation zu anderen, durchaus verzicht- bzw. reduzierbaren Gütern wie Auto, Technik oder Reisen.

Immer wieder rufe ich mir einen Satz des Soziologen Harald Welzer ins Gedächtnis: Kaufen sie nichts zu billig, denn irgendjemand hat dann zu wenig verdient.

www.terrabio.eu

 

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