Österreichische Wildnis

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BILD: Karwendel © M. Zika/WWF

Unter dem Motto „Die Welt muss wieder wilder werden“ startet heute die Internationale Wildnis-Konferenz in Salamanca, Spanien. Mit der Hoffnung, die letzten unberührten Gebiete unserer Erde dauerhaft zu schützen, treffen 1.600 Delegierte über 600 Länder, eine Woche lang, vom 3. bis zum 10. Oktober aufeinander, um die weltgrößte Konferenz zum Thema Wildnis abzuhalten. Dabei geht es auch um Wildnis in Österreich.

Das internationale Wildnis-Treffen bietet Chance, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus aller Welt zum Thema Naturschutz zusammenzuführen. Schwerpunkt des Gipfels ist es, Landschaften, die vom Menschen bereits beeinflusst, verändert oder gar zerstört wurden, wieder wild werden zu lassen, um bedrohten Tieren und aussterbenden Pflanzen Lebensraum zu geben.

Nach der Definition der Weltnaturschutzunion IUCN bedeutet der Begriff „Wildnis“ ausgedehnte ursprüngliche oder nur leicht veränderte Gebiete, die ihren natürlichen Charakter bewahrt haben, ohne ständiger menschlicher Besiedlung. Auch in Österreich brauchen Artenvielfalt und natürliche Prozesse mehr Wildnis und mehr Platz.

Wir müssen Österreich wieder wilder machen. Wir brauchen mehr Flächen, wo Natur noch Natur sein darf, damit sich die gefährdeten Arten, die von natürlichen Prozessen abhängig sind, wieder erholen können und ein Stück des natürlichen Erbes von Europa erhalten wird“, fordert Michael Zika, WWF-Experte für Wildnisprojekte. Er wird auf der Konferenz in Salamanca sprechen. Andere österreichische Teilnehmer der Wildnis-Konferenz sind, neben dem WWF Österreich, als Mitglied der europaweiten Wildnis-Initiative „Wild Europe“, Vertreter von Ministerien, Nationalparks und Universitäten.

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BILD: Kalkalpen © M. Zika/WWF

Wildnis in Österreich

Auch in Österreich sind unberührte Wildgebiete am Aussterben. 2013 sind nicht einmal 2% der österreichischen Bundesfläche frei von Straßen, Siedlungen oder anderen Infrastruktureinrichtungen, wie eine Analyse des WWF Österreich und des Instituts für Soziale Ökologie der Alpen Adria Universität ergeben hat. Im Zuge der Studie „Wildnis in Österreich?“, die von WWF und ÖBf 2012 durchgeführt wurde, zeigte sich, dass es in Österreich viel Potenzial für Wildnis-Gebiete gibt;  vor allem im Tiroler Alpenraum, in den Nördlichen Kalkalpen, im Bereich der Zentralalpen bis hinein nach Osttirol und in den Niederösterreichisch-Steirisch-Oberösterreichischen Kalkalpen. Durch Renaturierungsmaßnahmen könnten diese Wildnis-Flächen auf etwa 6% gesteigert werden. Einigen Nationalparks bemühen sich, Teile ihrer Kernzone entsprechend der österreichischen Nationalparkstrategie wieder verwildern zu lassen.

Mehr als sechs Prozent

Derzeit gibt es, als einzig ausgewiesenes nur das Wildnisgebiet Dürrenstein mit rund 3.500 Hektar, was nicht einmal einem Vierhundertstel der Bundesfläche oder dem 14.Wiener Gemeindebezirk Penzing entspricht. Mindestens 10.000 Hektar im Endausbaustadium, schlägt die Europäische Wildnis-Definition vor. Denn frei ablaufende Prozesse brauchen Platz, damit auch die großen Beutegreifer, wie Bären, Luchse und Wölfe und die großen Grasfresser, wie Hirsche, Elche oder Wisente wandern und überleben können.

Zur Erhaltung der Biodiversität in Österreich ist die Etablierung weiterer Wildnis-Gebiete wichtig, da sie Rückzugsorte für schwindende Arten und auch für den Menschen bieten. Die unverfälschte Natur als Erholungsort und Erlebnisraum, frei von menschlichem Einwirken dient auch als Forschungsort, an dem herausgefunden werden kann, wie sich Natur in veränderten Lebensbedingungen durch Erderwärmung und Klimawandel entwickelt. Wichtig sind solche Erkenntnisse, um Land-und Forstwirtschaft an veränderte Bedingungen anzupassen.

Der WWF ist der Überzeugung, dass das Potenzial der Renaturierungsmaßnahmen viel höher ist als die geforderten 6%. Jedoch wächst der Druck auf relativ wenig genutzte Flächen durch geplante Infrastruktureinrichtungen, wie durch Kraftwerke im Kaunertal, an der Isel und der Schwarzen Sulm. Auch Intensivierungsmaßnamen von Land- und Forstwirtschaft oder die Jagd beeinflussen natürliche Prozesse, die in Wildnis-Gebieten frei von menschlichem Eingreifen ablaufen sollten.

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BILD: © Bernhard Kohler/WWF

 

 

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